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Tierversuche und Onkologie: Maustest mögliche Schwachstelle in der Krebsforschung?

Ein Standardexperiment der Krebs-Pharmaforschung könnte zumindest gelegentlich nutzlose Erkenntnisse liefern. Aber ist dies eine Ursache für häufige Fehlschläge bei der Medikamentenentwicklung?
Maus auf Petrischale mit Tabletten

Ein in der Krebsforschung oft durchgeführtes Standardexperiment, mit dem an Mäusen neue Krebsmedikamente getestet werden, liefert womöglich ab und an nutzlose Erkenntnisse, warnen Forscher in "Nature Genetics". Sie hatten zuvor rund 1000 unterschiedliche, für Forschungszwecke gentechnisch veränderte Maus-Linien analysiert, in die nach einem gängigen Prozedere per Xenotransplantation menschliche Tumorzellen implantiert wurden. Gegen diese aus Patienten isolierten Krebszellen wird dann die Wirksamkeit neuer, individuell auf diesen Patienten zugeschnittener Medikamente getestet. Wie "Nature News" nun zusammenfasst, verändert sich jedoch in vielen Fällen die genetische Entwicklung der Zellen nach der Implantation unerwartet deutlich – und dies womöglich oft auch in einer Weise, die den Erfolg einer Chemotherapie beeinträchtigt.

Schon vorher hatten Krebsforscher auf Schwachstellen achten müssen, die der Test von Wirkstoffen gegen xenotransplantierte Krebszellen in Mäusen mit sich bringt: Er funktioniert etwa nur in Tiermodellen mit künstlich ausgeschaltetem Immunsystem. Bisher allerdings "war man davon ausgegangen, dass die genetische Entwicklung der xenotransplantierten Zellen in der Maus jener im Tumorgewebe des Patienten im Wesentlichen ähnelt", fasst der Leiter der Studie Todd Golub vom Howard Hughes Medical Institute zusammen. Tatsächlich aber modelliere sich nach den neuen Erkenntnissen in der Maus "das Tumorgenom auf ziemlich dramatische Weise um".

Dies zeigte sich in den Tests, bei denen die Forscher nach allmählichen Veränderungen von rund 100 unterschiedlichen implantierten Zellen von 24 Krebsarten gesucht haben. Sie transplantierten dabei die gleichen Krebszellen, nachdem sie Tumoren in einem Tier gebildet hatten, immer wieder in neue Mäuse. Dabei zeigten sich in einigen Fällen genetische Veränderungen, die bei menschlichen Tumoren so nicht zu beobachten sind: Bei einer Glioblastomzelle etwa sank in der Maus die Zahl von Genkopien, während im Menschen typischerweise nach und nach das Chromosom 7 in immer häufigeren Kopien auftritt. Zudem veränderte sich in einigen Fällen über die Zeit die Reaktion auf bestimmte Chemotherapeutika auf unerwartete Weise.

Die Forscher um Golub weisen darauf hin, dass Experimente mit xenotransplantierten Zellen durchaus weiterhin ihre Berechtigung haben – sie sollten allerdings mit der nötigen Vorsicht hinterfragt werden. Tatsächlich liefern solche Versuche in der Pharmaforschung nachweislich wertvolle Hinweise auf das Potenzial von gerade entwickelten Medikamenten: Eine aktuelle Studie kommt im Fachblatt "Annals of Oncology" etwa zu dem Schluss, dass Wirkstoffe bei 237 individuellen Krebszelllinien in knapp 90 Prozent der Fälle im Mausmodell ähnlich anschlugen wie im Menschen. Vielleicht aber könnte die bisher unbeobachtete genetische Umformung eine der Gründe dafür sein, warum Fehlschläge dennoch auftreten.

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